Waldpelz

Dortmund

Wie lässt sich Leere neu denken?

Der Entwurf nutzt die brachliegende Kampstraße als Chance für einen radikalen Perspektivwechsel: Statt Verkehrsraum entsteht ein lebendiger, naturnaher Stadtraum. Verdichtung durch Vegetation, Offenheit durch Wasserflächen, kleinteilige Interventionen statt großmaßstäblicher Konzepte. Ein unerwarteter Ort, der das Zentrum nicht nur ergänzt, sondern neu imaginiert.

Wir befinden uns im Ruhrgebiet. Zwischen Sauerland und Rheinebene entlang der Ruhr ein in seiner Ausdehnung künstliches Konglomerat unkoordinierter baulicher Entwicklungen, getrieben durch Kohleförderung und Stahlproduktion. Bergbau und Stahlproduktion wurden bereits in den 60er Jahren eingestellt, seitdem ist die Boomphase, ausgelöst durch o.g. exogene Ausnahme-Impulse beendet, das Ruhrgebiet schrumpft – nicht in der Fläche, aber in der Einwohnerzahl. Dortmund bildet den östlichen Abschluss des Ruhrgebiets und war bereits vor der Initiierung von Bergbau und Stahlproduktion eine bedeutende Handelsstadt und über viele Jahre Teil der Hanse. Die mittelalterliche Prägung, die städtebauliche Dichte sind nach massiven Kriegszerstörungen nicht mehr erkennbar, im Gegenteil, der Wiederaufbau durch Addition großer Volumen folgte der Idee, die Innenstadt als Ort für Handel und Serviceleistungen zu etablieren. Wohnen kommt nur in Randlagen und in kleinem Maßstab vor. Die öffentlichen Flächen sind nahezu vollständig versiegelt, die Dimensionen der Verkehrsräume für den PKW-und LKW-Verkehr optimiert, Parkanlagen wurden nicht vorgesehen.

Wo große Handelsflächen verschwinden...

Man könnte sagen, die Kriegseinwirkungen wurden von der Bevölkerung als Chance verstanden, Ihre Stadt nach den neuen Kriterien der Stadtentwicklung (Charta von Athen) zu entwickeln und die Innenstadt als „Shopping Mall“ zu etablieren. Diese Idee ist allerdings mehr „Business-Modell“ als Lebensraum. Dieses Konzept ging bereits in den 90er Jahren erkennbar zu Ende und wird heute beschleunigt durch Lieferdienste, die den stationären Einzelhandel marginalisieren. Diese Krise des „Business-Modell“ Innenstadt ist eine Chance für den Lebensraum Innenstadt – wo große Handelsflächen verschwinden, können kleinteilige Wohnstrukturen mit ihrem notwendigen Umfeld entstehen.

Der Westenhellweg, die historische Handelsstraße, die heute als Fußgängerzone das Epizentrum des innerstädtischen Einzelhandels bildet verläuft in West-Ost-Richtung durch die Innenstadt. Die Kampstraße ist parallel dazu angeordnet, eine künstliche Schneise, bestimmt als Verkehrsachse für die Lieferlogistik, die Versorgung und Entsorgung der großen Kaufhäuser entlang des Westenhellwegs. Seit den 70er Jahren wurde die Verlegung der innerstädtischen Straßenbahnen unter die Erde, als Metro-Line geplant und bis 2000 umgesetzt. Oberirdische Bahnen und der PKW wurden aus dem Stadtbild entfernt, zurück blieb ein 50m-100m breiter Korridor, der die Innenstadt von West nach Ost vollständig durchschneidet, aber keinerlei städtebauliche Qualitäten anbieten konnte. Die Idee der Stadtplanung war die Entwicklung eines “Boulevard Kampstraße”. Durch ihre Geschichte als Logistikachse fehlten der Kampstraße allerdings von Beginn an alle erforderlichen urbanen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Boulevard. Der Westenhellweg mit seiner 1.3 km langen Fußgängerzone liegt unmittelbar nebenan, alle Geschäfte, Restaurants und Cafés sind dorthin orientiert – es bestand absehbar keine ökonomische Chance für den Boulevard Kampstraße.

Intervention!

Diese stadtentwicklungspolitische Krise sehen wir als Chance – eine formidable Leerfläche für bessere Lebensräume in der Mitte der Stadt – kein zentraler Park, sondern ein Wald mit dichten Bäumen, weichen Böden die Feuchtigkeit aufnehmen können und den Staub binden, schattige Plätze und offene Wasserflächen, Biodiversität aber vor allem ein zauberhafter Ort. Wir schlagen vor, eine Waldfläche im angrenzenden Sauerland mit der Kontur der Kampstraße (footprint) herauszunehmen/extrahieren und an dieser Stelle einzusetzen, inkl. des Waldbodens mit seiner Topografie. An ausgewählten Stellen wird das Oberflächenwasser gesammelt und als kleine Teiche erlebbar. An den dunkelsten Stellen warten „Fabelwesen“ mit ihren Geschichten – 5m bis 6m hohe Skulpturen von Ariane Koch. Wir nennen das Konzept Waldpelz.

Die Wettbewerbsjury war leider der Auffassung, es handele sich um eine Provokation und hat die Beurteilung der Arbeit abgelehnt. Unbuilt.

Daten

Wettbewerb

1997

Adresse

Kampstraße - Brüderweg
44137 Dortmund

Auslober

Stadt Dortmund

Querschnitt
Piktogramm Intervention
Skulptur von Ariane Koch
Skulptur von Ariane Koch
Axonometrie Intervention

Umstrukturierung Alte Klavierfabrik

Berlin

Nachhaltige Architektur bedeutet Möglichkeitsräume zu schaffen.

Für unseren Bürostandort in Berlin, haben wir eine alte Klavierfabrik in Berlin-Mitte als Wohn- und Bürohaus umstrukturiert und ihr so eine Zukunft gegeben.

Hierbei war es uns besonderes Anliegen, bestehende Qualitäten zu intensivieren und zugleich zeitgemäßen Anforderungen an Wohnen und Arbeiten gerecht zu werden.

Daten

Fertigstellung

2011

Adresse

Brunnenstraße 156
10115 Berlin
Deutschland

Bauherr

PETERSENARCHITEKTEN
Gesellschaft für Architektur
+ urbane Strategien mbh

Wulf-Hefe-Galerie

Werl

Ziel des Projekts „Hefe-Galerie“ ist die Arrondierung einer innerstädtischen Brachfläche, deren Nutzung (Brauerei) mit Abriss des Gebäudes obsolet wurde. 

Mit dem neuen Gebäude wird das Defizit an Veranstaltungs- und Gastronomieflächen kompensiert. Die Differenzierung der Einzelhandelsstruktur schafft neue, externe Kundenfrequenzen und stärkt so die innerstädtische Einzelhandelsstruktur Werls über den Mikrostandort hinaus. 

Die beschränkte Grundstücksressource wurde mit einem zweigeschossigen, am ortsüblichen Maßstab orientierten Gebäude besetzt - Handel, Gastronomie, Logistik und Verwaltung im EG - Parken und Technik im OG, Eventflächen sowohl im EG als auch im OG. Ausgleichsflächen sind in der Dachfläche angeordnet. 

Das Primärtragwerk besteht aus einer elementierten StBn- Fertigteilkonstruktion mit Spannweiten im EG von 10x10 m und im DG von 20x30 m. Die Nutzfläche beträgt nach Realisierung des zweiten Bauabschnitts ca. 12.000 m2. 

Das Gebäude besitzt ein zentrales Leitsystem zur optimierten Steuerung aller Ressourcen. Das Niederschlagswasser wird dezentral eingesammelt, zentral (Zisterne) gespeichert und von dort einem Grauwassersystem zugeführt. Hohe Besucherfrequenzen werden in einem komplexen Ver- und Entsorgungskonzept unter Berücksichtigung von Tag- und Nachtzeiten für die nachbarschaftliche Umgebung schonend reguliert.

Grundriss Erdgeschoss
Fassadendetail

Daten

Fertigstellung

2008

Adresse

Soester Str. 26
59457 Werl

Bauherr

Grundstücksgesellschaft Friedrich Bremke GmbH & Co.KG

Schnitte

Wettbewerb Ningbo Tower

Ningbo, China

Ningbo - ca. 200 km südlich Shanghai - ist historisch geprägt durch chinesische Tradition, britisches Kolonialprotektorat und aktuelle Öffnung zum politischen Westen. Die städtebaulichen Spuren sind durch das Nebeneinander unterschiedlicher Bautypologien infolge dieser Historie leicht ablesbar.

Unser Bauherr - das bedeutendste privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen für Lehrmittel Chinas und Privatschulbetreiber - benötigt ein neues Headquarter. 10.000 qm Bürofläche und 25.000 m2 Einzelhandelsfläche sollen an der Schnittstelle der kolonialen Stadtkante und zeitgenössischer chinesischer Stadtentwicklung der vergangenen zwanzig Jahre entstehen.

Die Unternehmenskultur stellt traditionelle Werte und natürliche Ressourcen in den Mittelpunkt des eigenen Schaffens - so haben wir ein Gebäude vorgeschlagen, das in seinem Tragwerk rational und seiner Grundrissgliederung flexibel ist. Die Fassade ist ein artifizielles Abbild eines Steins oder Felsen als Bezug zur Unternehmenskultur. Sie wird aus durchgefärbtem Stahlbeton hergestellt und erhält in freiem Rhythmus eingesetzte Kastenfenster.

Erdwärme und Abwärme des Einkaufszentrums in den drei Sockelgeschossen sowie die der Büroebenen bilden im Zusammenhang mit Bauteilaktivierung das energetische Konzept. Auf diese Weise kann eine einschalige Betonhaut mit geringem Gewicht hergestellt werden, deren Anschlusspunkte einfach sind. So werden Ausklappungen mehrgeschossiger Fassadenbereiche aus der regulären Fassadenebene heraus problemlos möglich.

Daten

Wettbewerb

2005

Adresse

315000 Ningbo,
Provinz Zhejiang
China

Auslober

Privat

Ansicht West
Schnitt
Ansicht Süd

FRIZ Dienstleistungszentren

Dessau

Einem jungen Unternehmen eine unverwechselbare Identität zu geben, Corporate Identity mit dem Genius loci zu verbinden, war die Herausforderung der FRIZ-Dienstleistungs-Einkaufszentren. 

Drei Märkte in drei sehr verschiedenen Randlagen ostdeutscher Städte, drei ausgeprägte Individualitäten einer unverwechselbaren Corparate Identity, die von der Architektur bis hin zum unkonventionellen frechen »FRIZ«-Logo geprägt wurden. 

Mit minimalem Materialeinsatz und Konstruktionsgewicht erreichen die Fachwerkträger dank mehrfach gefalteten und kalt gewalzten Stahlblechs mühelos große Spannweiten. Mittels Stahlseilen ausgesteift und unverkleidet, von gering dimensionierten wenigen Stahlstützen getragen, spannen sie sich über flexible und transparente Verkaufsflächen, die unbeschadet ihrer multifunktionalen Teilung in Shop-In-Shop-Einheiten als ein Raumkontinuum erfahren werden.

Verbindungen zum Stadtraum stellen sich über großflächige Verglasungen und elementierte Aluminiumfassaden her, deren Haut sich mit lebendiger Binnenstruktur und wechselndem Schattenrelief in die scharfen Gebäudesilhouetten einzeichnet. 

Keine Repetition banaler Einfallslosigkeit, keine artifizielle postmoderne Camouflage, sondern eine minimierte wie auch elementierte Konstruktion kompakter Baukörper übersetzte unterschiedliche Dienstleistungsangebote und örtliche Situationen in prägnante Gebäudegestalten. 

Als selbstbewußte solitäre Ordnungselemente schreiben sich die FRIZ-Dienstleistungszentren in die disparaten, fragmentarisierten Ränder der Städte ein - so erfolgreich, daß längst schon weitere Projekte für die Expansion des Unternehmens und seiner architektonischen Corporate Identity existieren.

Detail Wand-/ Dachaufbau

Daten

Fertigstellung

1994

Adresse

Zunftstraße 15-17
06847 Dessau-Roßlau Deutschland

Bauherr

ANH Hausbesitz, Dessau

Detail Anschluss Stütze-Dach