Wohnbebauung Van-Galen-Straße
Marl
Marl in Westfalen ist eine junge Stadt. Ihr Wachstum prosperierte vor allem als Folge der Entwicklung der chemischen Werke Hüls – heute Chemiepark Hüls u.a. mit Evonik Degussa. Insbesondere in den siebziger Jahren wurden international beachtete Architekturzeichen mit hohem experimentellem Potenzial gesetzt: Rathaus und Kunsthalle (Bakema), Neue Stadt Marl (Kleihues), Hügelhaus (Hermann Schröder/ Peter Faller).
Hier, am inneren Rand der Innenstadt, traufständig zur von Galen Strasse befinden sich einfache Wohngebäude der 40er Jahre – Riegel (9x30 m), zweigeschossig mit tragender Mittel-Längswand und flach geneigtem Satteldach ohne Ausbau. Technische Infrastruktur und Hüllflächen der Gebäude müssen vollständig erneuert werden. Eine DD der geplanten Maßnahmen ergab hohe Budgets für die Sanierung ohne Verbesserung der Wohnqualitäten. Wir schlagen also vor, den Bestand zu entfernen und durch neue Häuser zu ersetzten. Werden die Neubauten als elementierte Konstruktion z.B. aus StBn-Fertigbauteilen errichtet, könnten kostenneutral zu den Sanierungsmaßnahmen nutzungsneutrale Grundrisse mit größtmöglicher Flexibilität entstehen.
Die neuen Häuser entstehen an selber Stelle, um den i.T. wertvollen Baumbestand auf den Grundstücken zu erhalten. Sie werden um ½ Geschoss angehoben und bieten dadurch Parkraum für 6 PKW und 15 Fahrräder. Oberirdische Stellplatzanlagen werden obsolet und können zukünftig als weitere Baugrundstücke verwendet werden. Die Grundrissausrichtung folgt der Besonnung: alle Aufenthaltsräume sind zur Westseite orientiert, die Ostseite ist konsequent geschlossen. Gegenseitige Einblicke in Privaträume werden damit unterbunden – Gartenflächen jeweils einem einzigen Gebäude zugeordnet. Die Gebäudehöhe orientiert sich an der umgebenden Bebauung und wird 2,5-geschossig. Nach Abschluss des 1.Bauabschnitts wurden sieben Bestandsgebäude (ca. 2.725 m2 Wohnfläche) durch acht neue Häuser (ca. 3.820 m2 Nutzfläche) ersetzt. In einem zweiten Bauabschnitt entstehen an Stelle ehem. PKW-Stellplätze sieben quadratische und eingeschossig aufgeständerte Punkthäuser (Autos, Fahrräder und Müll-Management befinden sich unter dem Gebäude auf EG-Niveau) mit ca. 850 m2 Nutzfläche (GRZ 0,2, GFZ 0,66).
Systematik
Die Grundrisse basieren auf einer Schichtung von Bauteilen und Funktionen. Die Wohnungstiefe ist nicht größer als 7,5 Meter. StBn-Stützen mit Unterzügen in Längsrichtung befinden sich unmittelbar hinter der Fassadenebene. StBn-Hohldielen spannen über beide Längsachsen. Alle Bauteile sind werkseitig vorgefertigt. Drei Installationsschächte an strategisch günstigen Positionen vervollständigen das solide Skelett.
Die Fassaden werden vor die Konstruktion gehängt – die Ostseiten geschlossen, die Westseiten vollständig geöffnet, sodass jeder Raum einen direkten Zugang zu den Balkonen erhält. So entstehen Gärten, die ausschließlich einem Gebäude zugeordnet und von dritter Seite nicht einsehbar sind. MüllManagement, private Stellplätze mit direkter Wohnungszuordnung, Technik- und Lagerräume sowie Wasch- und Trockenräume liegen unterhalb der aufgeständerten Häuser. Jedes Gebäude erhält 6 WE mit ca. 480 m2 Mietfläche. Die Treppen flankieren die Häuser auf der Ostseite und sind hier an Garage und öff. Wegeführung angebunden. Die Wohnungen sind variabel, Wände versetzbar, die Wohnungsgrößen flexibel. Jede Einheit kann in jeweils 15-Quadratmeter-Steps modifiziert werden - Gebäudetechnik und separierte Ablesbarkeit der Verbrauchszähler sehen dies vor. Die Wohnungen werden als "Flächen-Einheiten" offeriert, die eigentlichen Grundrisse können gemeinsam mit den Mietern individuell konzipiert werden. Vermietet werden Lofts mit StandardSanitär zu minimalen Preisen. Weitere Bauelemente (Wände, Türen etc.) erhöhen die Grundmiete
Das Dach ist zweischalig und besteht aus gebogenen BSH-Bindern, Trapezblech, mineralischer Dämmung mit Hinterlüftung und einer Außenhaut aus silbrigem KalZip. Der hohe Reflexionsgrad und die Hinterlüftung bewirken geringe Aufheizungen der Konstruktion und minimale Temperaturamplituden innerhalb der Nutzflächen. Geschlossene Dach- und Fassadenflächen gehen in einander über – „smooth building“ – es entsteht eine Kubatur, die sich geschmeidig mit der vorhandenen Vegetation verbindet. Die Giebelseiten sind mit großen Holztafeln verkleidet. Darunter liegt ebenfalls eine zweischalige Konstruktion mit Hinterlüftung. Die Fensterflächen sind setzen die Aluminiumhaut (KalZip) fort.
Option ist eine möglichst weit reichende Variabilität der Grundrisse sowie der Gebäudetechnik. Alle künftigen Veränderungen können durch technisches Personal des Bauherrn durchgeführt werden.
Daten
Fertigstellung
2001
Adresse
Von-Galen-Straße 1-15
45768 Marl
Bauherr
Ruhr-Lippe-Wohnungsbaugesellschaft mbH, Dortmund