Wettbewerb Neues Dorfzentrum Meilen
Meilen am Zürichsee
Nach dem Rückzug des Linth-Gletschers vor rund 10‘000 Jahren staute dessen Endmoräne die Linth auf. Das Tal füllte sich allmählich und bildet bis heute den Zürichsee. So prägte die Eiszeit die gesamte Landschaft rings um den See. Findlinge sind die einprägsamen und bildhaften Zeugen der damaligen Geschehnisse.
Später wuchsen hier Siedlungen, Dörfer und Städte. Heute sind sie an den Ufern des Zürichsees fast zusammengewachsen. Ortsgrenzen gehen verloren und mit ihnen die Authentizität und Individualität der Dörfer. Zugleich stehen sie in kultureller und ökonomischer Konkurrenz zueinander. Die Inszenierung eigener Stärken wird daher zur wesentlichen Herausforderung örtlicher Entwicklung.
Meilen besitzt auf Grund seiner vorhandenen städtebaulichen Struktur und seiner besonderen topografischen Lage auf der Sonnseite des Zürichsees außergewöhnliche Voraussetzungen, um die eigene Identität selbstbewusst zu entwickeln. Hierzu schlagen wir zwei neue Elemente vor: Belvedere und Solitär. Die großzügige Terrasse und der markante Neubau verleihen der Ortsmitte von Meilen eine neue Identität, ohne die gewohnte Umgebung zu beeinträchtigen oder in den Schatten zu stellen.
Im Zentrum der Anlage liegt das Belvedere, eine erhöhte, öffentliche Terrasse mit Seeblick, als gemeinsamer Vorplatz für Gemeindehaus, Bauamt und Neubau. Es liegt ebenerdig auf der Höhe der Dorfstraße. Von seinem Südrand aus hat man einen neuen, ungewohnten Blick auf den Zürichsee.
Solitär
Der neue Baukörper steht auf der Belvedere-Terrasse wie ein Eisgletscherfindling auf einer durch Seitenmoränen gebildeten Geländeterrasse. Er steht im Winkel zwischen Gemeindehaus und Bauamt und ist im Untergeschoss mit diesen verbunden. Im Erdgeschoss befindet sich eine öffentliche Cafeteria. Seine äussere Form ist verschliffen und geschürft, wie ein Findling, doch seine Proportionen, die Traufhöhe und die Dachgeometrie beziehen sich auf die bestehenden Gebäude, mit denen der Neubau ein spannungsreiches Ensemble bildet.
Gemeindehaus und Bauamt
Die vertrauten Fassaden von Gemeindehaus und Bauamt bleiben unverändert, lediglich die Fenster werden den heutigen energetischen Anforderungen angepasst. Auf der Südseite führt ein neuer verglaster Eingang vom Belvedere ins Gemeindehaus. Der denkmalgeschützte Gemeindesaal, die Treppen und die meisten vorhandenen Trennwände werden nicht angetastet. Beide Altbauten werden mit behindertenfreundlichen Aufzügen ausgestattet. Der verglaste Aufzug des Gemeindehauses steht hinter der Südfassade und erlaubt bei der Fahrbewegung den Blick über das Belvedere zum See.
Sockelgeschosse
Unter der Platzebene sind grosse Teile des Raumprogramms untergebracht, wodurch das erkennbare neue Bauvolumen auf ein Minimum reduziert werden kann. Zwei in die Terrasse eingeschnittene Innenhöfe sowie Öffnungen und Lichtboxen an ihren Rändern ermöglichen eine grosszügige Beleuchtung und Belüftung der unterirdischen Räume. So erhält sogar die Einstellhalle durch natürliches Tageslicht einen einladenden Charakter.
Unterer Platz
Eine großzügige Freitreppe, eine Rampe und ein Lift führen von der Belvedere-Terrasse zu einem tiefer gelegenen, leicht abgedrehten Platz im südlichen Teil des Perimeters. Dieser Platz ist von bestehenden und neuen Gebäuden umgeben, die den ortstypischen Maßstab übernehmen und für verschiedene Nutzungen geeignet sind (Kursräume, Ateliers, Räume für Vereinsanlässe, kulturelle Veranstaltungen, Schulerweiterung etc.). So entstehen zwei Plätze von unterschiedlicher Charakteristik: Das Belvedere als städtische Terrasse und der durch Bauten gefasster Dorfplatz für die alljährliche Chilbi.
Materialisierung
Die Materialisierung von Belvedere und Solitär knüpft an die den Entwurf bestimmenden Eiszeit-Metaphern an:
Gletscherfindlinge sind oft Granite... Der Platz wird mit hellen und dunklen, sägerauen Granitplatten belegt. Ihre unterschiedliche Ausrichtung, die Linienführung und Geometrie entsprechen dem die Landschaft prägenden Muster der Weinberge. Die Fugen zwischen den Platten werden für Beleuchtung, Entwässerung, Belüftung und Wegführung genutzt. Seitlich ist der Platz von geometrisch geschnittenen Hecken und Bäumen begrenzt.
Ein Bestandteil von Granit ist Glimmer... Glimmer sind silbrig glänzende oder bronzefarbene Minerale, die dem Stein je nach Verarbeitung ein metallisches Erscheinungsbild geben. Die Baukörper werden mit einer Metallvorhangfassade aus mattem, glaskugelgestrahltem Edelstahlblech verkleidet, was dem Bau wie einem Findling ein monolithisches Erscheinungsbild verleiht. Die Kastenfenster liegen bündig in der Außenhaut, mit einem Sonnenschutz zwischen äußerer Einfachverglasung und innerer Isolierverglasung. Die Metallfassade wird den Alterungsprozess nicht verleugnen, die Oberfläche wird nachdunkeln und stumpf werden, je mehr sich der Neubau in seine Umgebung einlebt und zu einem vertrauten Teil der neuen Stadtmitte wird.
Daten
Wettbewerb
2009
Adresse
Dorfstraße 100
8706 Meilen
Schweiz
Auslober
Gemeinderat Meilen