Wettbewerb Stadquartier Urban dot – ObenLand

Bonn

Zwei Innenhöfe getrennt durch einen Gebäudeflügel sind das Gerüst unseres städtebaulichen Konzepts, keine interne Straßenräume, keine öffentliche Durchwegung sondern maximale Freifläche für die Hausgemeinschaft.

ObenLand

Der Nordhof ist unterbaut – im EG mit Handelsflächen und additiver gewerblicher Nutzung (zu den öffentlichen Strassenräumen) und im UG mit einer Tiefgarage, die den gesamten Bedarf an Stellplätzen abdeckt. Der Südhof ist nicht unterbaut sondern vollständig versickerungsoffen. Alle Dächer sind geneigt – eine signifikante Dachlandschaft mit Begrünung und PV, eine fünfte Fassade, robust und mit sicherer Entwässerungsführung. So entsteht ein ObenLand, formgebend für diesen Ort. Die Gebäude könnten in zwei Bauabschnitten realisiert bzw. in Realteile unterschieden werden.

Erschließung + Wohnungen

Alle Hauseingänge sind zu öffentlichen Räumen adressiert – Dottendorfer Strasse und Boulevard. Die Eingänge sind barrierefrei und auch für Rollstuhlfahrer selbstverständlich zu bewältigen. Das Dach über dem Supermarkt ist Dachgarten und Verteilfläche zu den Treppenhäusern, die aufgrund der Handelsnutzung nicht bis ins EG durchgeführt werden können. Der Dachgarten ist informeller Treffpunkt der Hausgemeinschaft. Die Zufahrt zur Garage ist auf der Ostseite der Gebäude angelegt, parallel zur Anlieferung der Handelsfläche. Hier befinden sich auch 12 Kurzzeit-Parkplätze für die Supermarkt-Kunden. Entlang der Dottendorfer Strasse entsteht im EG eine Fahrradgarage mit bike-mobility-hub und ggf. einer Fahrradwerkstatt mit Verleih.

Konstruktion + Architektur

Die Konstruktion folgt vollständig dem Goldbeck-System mit tragenden StBn- oder Mauerwerks-Schotten, nicht tragenden Außenwänden und vorgespannten Hohldielen als Deckenkonstruktion mit hohem Vorfertigungsgrad und minimiertem Materialeinsatz: Beton minus 50%, Stahl minus 70%. Die Tiefgarage ist als monolithische StBn-Konstruktion geplant. Die Außenwände werden mit hochgedämmten Ziegeln oder Porenbeton errichtet und wie ein Patchwork mit unterschiedlichen Fassadenmaterialien belegt: robuste Ziegel im EG und 1. OG, Putz und vorvergraute Holzbekleidung (hinterlüftet) in den Obergeschossen. Eine ungezwungene Durchmischung, die die ideelle, individuelle Aneignung durch die Bewohner erleichtert.

Grundrisse + Variabilität

Das Erschließungskonzept beruht auf der Verknüpfung unterschiedlicher Systeme: dezentrale Treppenhäuser, Mittelgangflure mit natürlicher Belichtung und Belüftung, Laubengang im DG. So können alle Kerne mittelbar oder unmittelbar an die Dottendorfer Strasse und den Boulevard angeschlossen werden. Prinzipiell basiert der Entwurf auf Goldbeck-Standards, es sind aber auch unterschiedliche Layouts möglich – vom Ein-Raum-Apartment bis zur Cluster-Wohnung für Wohngemeinschaften. Am Dachgarten werden Wohnungen mit individuellen Hauseingängen und privaten Gärten angeboten.

Lageplan
Isometrischer Übersichtsplan
Grundriss Erdgeschoss mit Umgebung

Wohnen mit der Natur

Kinder spielen an der frischen Luft, planschen im Naturteich, Nachbarn mit grünem Daumen gärtnern im Gemüsebeet und der Feuerplatz ist der Ort für spontane oder geplante Feste. Nordhof und Südhof werden intensiv begrünt. Wir wollen damit die ökologische Vielfalt und die Versickerungsfähigkeit im Sinn der „Schwammstadt“ so weit wie möglich sichern. Die artifizielle Geometrie der Gartenanlage ziehen sich als Grundmuster durch das gesamte Quartier und kontrastiert bewusst die natürliche Wildblumenwiese, blühende Obstgehölze und heimische Sträucher und Hecken. Trockenresistente Pflanzen und Feuchte speichernde Bodendecker werden bei der Pflanzenauswahl bevorzugt.

Oberflächen + Entsiegelung

Wann immer möglich, werden die Flächen versickerungsfähig gestaltet, wo keine Notwendigkeit der Begeh- oder Befahrbarkeit besteht, werden sie begrünt oder mit wassergebundenen Wegedecken versehen. Die Verwendung von Oberflächen mit hoher Albedo sollen die Wärmeaufnahme und -speicherung durch Materialien reduzieren. Dies trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Zusätzlich werden Klimasteine eingesetzt, die Regenwasser speichern und langsam abgeben können, um das Regenwassermanagement zu unterstützen und zur Kühlung beizutragen.

Wassermanagement

Eine kompakte Bebauung und der Verzicht auf internes Straßenland lässt Raum für Freiflächen. Regenwasser wird, wenn möglich, zurückgehalten und als Brauchwasser oder zur Kühlung (Verdunstung) bei Hitzeperioden gespeichert.  Wo Wasser nicht großflächig und offen versickern kann, werden unterirdische Retentionsanlagen eingesetzt.

Vegetation und Biodiversität

Es wird eine Mischung von vielfältigen, einheimischen sowie klimaangepassten Bäume und Sträucher gewählt, welche einen hohen Beitrag zur Förderung der Biodiversität leisten. Im gesamten Gebiet werden zudem mehr als 25 % der Fläche beschattet, was zur Abkühlung des gesamten Gebietes beiträgt und Hitzestaus vorbeugt. Die Dächer werden bepflanzt – mit Raseneinsaat (robuste Mischung) und Weinstöcken.

Schaffung eines autofreien und fahrradfreundlichen Gebiets

Der Entwurf stellt Fahrradfahrer und Fußgänger in den Vordergrund und Autos nicht sichtbar in den Untergrund. Wege werden als Spielflächen wahrgenommen. Zur Unterstützung der fahrradfreundlichen Stadt sind Parkplätze für Fahrräder, auch Lastenfahrräder, über das gesamte Areal verteilt.

Schall

Entlang der Dottendorfer Straße schützt die straßenbegleitende Bebauung das Quartier. Hier sind die Wohnungen „durchgesteckt“, mit Balkonen zu den Innenhöfen und OW-Querlüftung. So erhält jede Wohnung Zugang zum ruhigen, sonnendurchfluteten Binnenbereich des Quartiers. Entlang der Dottendorfer Straße werden im EG ein Bike-Mobility-Hub und gewerbliche Flächen verortet. Eine in Teilen begrünte Fassade ist Schallabsorber gegen den zu erwartenden Verkehrslärm.

Energetisches Konzept

Die Konstruktion der Fassade, die thermische Trennung außenliegender Bauteile und die Kompaktheit der Baukörper garantiert einen minimierten Transmissionswärmeverlust über die Gebäudehülle.

Die Gebäudehülle (Effizienzhaus 40) der Häuser in Verbindung mit einer Niedrigtemperatur-Fußbodenbeheizung und fassadenintegrierten dezentralen Lüftungsgeräten mit hochwirksamer Wärmerückgewinnung senkt den Primärenergiebedarf. Aktive Lüftungselemente aber auch natürlichen Querlüftung (durchgesteckte Wohnungen) verhindern „dicke Luft“ und Schimmel in den Wohnungen. Schächte werden gebündelt und ihre Zahl auf ein Minimum reduziert.

Für den Sonnenschutz sind je nach Ausrichtung außenliegende Markisen (Südfenster) oder bei den Balkonen Vorhänge vorgesehen. Großzügige Fensterflächen mit 3fach Verglasungen ermöglichen – bei Bedarf - im Winter einen hohen natürlichen Wärmeeintrag in die Wohnungen.

Auf den Dächern werden PV-Anlagen (CIS Solarmodule) zur Stromerzeugung installiert (60 % der Bruttodachfläche). Wird nicht unmittelbar benötigter Strom erzeugt, wird er zunächst in Batterien an zentraler Stelle und danach ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Ertrags- und Verbrauchsdaten werden für alle Bewohner auf einem Touchpanel in ihren Wohnungen abrufbar sein. Sie sollen so zu einem sparsamen Energieverbrauch motiviert werden. Ein Interface zeigt Tages, Wochen, oder Jahresbilanz der Energieverbräuche. Darüber hinaus ermöglicht das Panel die Kontrolle wichtiger Parameter von der Raumtemperatur bis zum Luftwechsel.

Schematischer Schnitt
Grundriss 1. Obergeschoss
Grundriss 4. Obergeschoss
Schema Wohneinheiten
Grundriss Regelgeschoss

Daten

Wettbewerb

Nichtoffener Realisierungswettbewerb
06.2025

Adresse

Dottendorfer Str./In der Raste
53129 Bonn
Deutschland

Auslober

WID R1 Bonn GmbH
Rudi-Dutschke-Straße 26
10969 Berlin

Ansicht Süd-Ost
Ansicht Nord-Ost
Fassadenschnitt und -ansicht
Ansicht Süd-West
Ansicht Nord-West

Wettbewerb Roof Becomes Stair

Venedig

Das Dach zurückerobern: Eine Treppe der Erinnerung und Bewegung

Venedig ist ein Ort des ständigen Wandels. Dinge werden angepasst, Materialien wiederverwendet, was kaputt ist, wird repariert, und nur was wirklich zerstört ist, wird weggeworfen. Alles andere findet einen neuen Zweck. Schicht für Schicht verbinden sich Alt und Neu miteinander. So hat sich die komplexe, verwobene Schönheit Venedigs über 1.500 Jahre hinweg entwickelt.

Der Salone Verde zeigt noch immer die Umrisse des ursprünglichen Ca' Loredan, eines dreistöckigen Gebäudes, das um 1200 an dieser Stelle errichtet wurde und nach etwa 500 Jahren aufgrund schwerer baulicher Schäden auf das heute sichtbare einstöckige Gebäude reduziert wurde. Die Fensteröffnungen wurden zugemauert und Jahrhunderte später wieder geöffnet. Die Eisengitter blieben während dieser Zeit im Mauerwerk verborgen. Während der Restaurierungsarbeiten zwischen 2020 und 2022 musste ein Teil der Dachkonstruktion nach einem Brand ersetzt werden. Aus Gründen des Denkmalschutzes wurden horizontale Balken ohne strukturelle Funktion eingebaut. Drei Jahre später konnten diese Balken wieder entfernt werden – eine perfekte Gelegenheit, das Holz für eine neue Treppe wiederzuverwenden, die zu einer Galerie führt, die zuvor nur über eine Leiter zugänglich war.

Architektursprache und Identität

Entstanden ist eine markante, skulpturale Figur – neu gestaltet aus den überflüssigen Balken der Dachkonstruktion, ganz im Sinne der zirkulären Baupraxis, die in Venedig seit Jahrhunderten ganz natürlich und intuitiv praktiziert wird, lange bevor der Begriff selbst geprägt wurde.

Geschichte neu entdecken

Die Wendeltreppe bietet einen sicheren Zugang zu einer Galerie, die den Besuchern des Salone Verde neue Perspektiven auf die ausgestellten Werke eröffnet. Beim Aufstieg bewegen sich die Besucher durch Schichten historischer Mauerwerke, vorbei an wiedereröffneten Fensteröffnungen und freigelegten architektonischen Details, die sonst verborgen blieben – und entdecken so historische Räume für sich neu.

Choreografie und Erfahrung


Die Stufen bestehen aus massivem Material – rohem Holz, das einst in anderer Form Teil des Gebäudes war. Nachdem sie in der Tischlerei geformt wurden, winden sie sich nun wie Protagonisten eines Pole-Dance um eine zentrale Achse. Die Treppe ist weniger eine konventionelle Konstruktion als vielmehr eine massive Torsion: Auf den ersten Blick ein skulpturales Objekt, das sich erst bei näherer Betrachtung als Treppe offenbart.

Mehr über das Projekt erfahren

Lageplan

Auszeichnungen

2. Preis
The Architect's Stair

Internationaler Design Wettbewerb

Daten

Wettbewerb

2025

Adresse

Santa Croce 2258
Calle della Regina
30135 Venedig, Italien

Auslober

Buildner - Architecture Competitions

Piktogramm "Aus Dach wird Treppe"
Schnitt Konstruktion
Aufsicht